Mittlerweile sind zwei Versionen zur Entstehungsgeschichte der Albai erschienen. Deshalb sind auch hier beide Versionen wiedergegeben. Vermutlich sind sogar beide in irgendeiner Weise ,,wahr``. Die Zeit verwäscht ja bekanntlich einige Erinnerung.
Die ersten Jahrhunderte nach dem Krieg der Magier waren eine Zeit der
Umwälzungen in den Ländern rings um das Meer der Fünf Winde. In
Vesternesse versuchten die Twyneddischen Barbaren, deren Drang nach Süden
zum Untergang des Reichs der Seemeister von Valian beigetragen hatte, ein
eigenes Reich zu errichten, was ihnen aber nur im Norden des Kontinents
gelang. Durch die bei den Kampfhandlungen eingesetzten Unmengen mystischer
Energie waren die Grenzen zwischen Midgard und fremden Welten durchlässig
geworden, und als Folge davon strandete eine Gruppe des magischen Volkes
der Coraniaid im Südwesten von Vesternesse - die Keimzelle des späteren
Landes Erainn. Im Südosten wurden die Twyneddin in ein zähes Ringen mit
dem Chryseischen Städtebund verwickelt, der seine neugewonnene
Unabhängigkeit vehement verteidigte. Dabei kamen ihm die albischen Clans
zu Hilfe, die auf ungezählten Schiffen dem Untergang ihrer alten Heimat
entflohen waren und mit chryseischer Hilfe ein neues Reich als Bollwerk
zwischen dem reichen Süden und den Barbaren des Nordens gründeten.
Quelle: [28]
Die Größen oder Königsclans Albas führen ihre Abstammung auf das Land Toquine zurück. Selbst die Eingeweihten des Vraidos-Kultes wissen aber nicht, ob diese Urheimat in einem entfernten Winkel der Welt Midgard oder in einer anderen Existenzebene liegt. Vor etwa 800 Jahren schickte sich eine große Invasionsflotte der Toquiner an, ein benachbartes Inselreich zu überfallen und zu erobern. Die Verteidiger wehrten sich aber mit mächtigen Zaubern, um die feindliche Streitmacht erst gar nicht landen zu lassen. Kurz vor Erreichen der Küste fing das Meer in einem geisterhaften Blau zu glühen an, und die Flotte der Toquiner löste sich scheinbar in Nichts auf.
In Wahrheit fanden sich die Männer und Frauen an Bord nach kurzer Bewußtlosigkeit auf hoher See wieder. Noch ahnten sie nicht, daß es sie in das Meer der Fünf Winde verschlagen hatte, an einem ihnen gänzlich unbekannten Ort. Heute vermuten die Gelehrten der Akademie von Cambryg, daß die durch den Krieg der Magier erzeugten Instabilitäten des Multiversums dafür gesorgt haben, daß die Toquiner ausgerechnet an dieser Stelle Midgards strandeten.
Nachdem sie zwei Tage lang einfach vor dem Winde gesegelt waren, tauchten vor den verhinderten Erobereren bewaldete Küste auf. Unter der Führung von Elrod MacBeorn gingen sie an der Stelle an Land, wo heute die Stadt Elrodstor (d.h. Elrods Turm) steht, einer damals weitgehend menschenleeren Gegend. Hier versuchten sie, das Geschehene zu verkraften, und hier errichteten sie später einem hohen Rundturm, von dem sie nach Osten Ausschau hielten, ob das Meer wieder ein blaues Leuchten annimmt und damit der Weg in die alte Heimat offen ist. Auch heute noch halten Anhänger des Vraidos-Kultes den Turm ständig besetzt - nicht, daß heute nach 800 Jahren, abgesehen von einigen unheilbaren Nostalgiker, noch jemand nach Toquine zurückkehren wollte.
Toquine wurde von ursprünglich 14 Clans, je sieben aus dem Roten und aus dem Schwarzen Haus, bevölkert, die einem vergleichsweise strengen hierarchischen System unterworfen waren. Zum Zeitpunkt der gescheiterten Invasion gab es aber seit langem schon nur mehr sechs Clans im Roten Haus. Der Landsherr, der unter weltlichen Aspekten eine schwache Stellung hatte, als Hohepriester des Xan aber einem hohen geistlichen Rang einnahm, stammte immer aus dem Schwarzen Haus. Daraus leitet sich Laird Ian MacRathgars Meinung her, nur sein Clan oder höchstens die Conuilhs würden die albische Königskrone verdienen. Von den fünf Großen Clans von Alba, die ihre Herkunft auf einem der toquinischen Clans zurückführen, gehören Rathgar und Conuilh zum Schwarzen, Beorn und die anderen beiden aber zum Roten Haus.
Auf der Invasionsflotte gab es Krieger und Adlige der fünf Großen Clans und auch genügend Geistliche, die den Glauben an die toquinischen Götter, die heutigen Dheis Albi, bewahren konnten. Woran es ihnen aber mangelte, waren Frauen, von denen nur einige Eagrel-Kämpferinnen (die sich als den Männern gleichberechtigt erklärt hatten), eine Handvoll Zauberinnen und Wundheilerinnen sowie ein paar Dutzend Marketenderinnen an Bord waren. Nachdem die Toquiner sich gefaßt und die nähere Umgebung erkundet hatten, war daher der Raub von Frauen das erste Hauptziel, denn nur so konnten die gestrandeten Eroberer hoffen, sich und ihre Gesellschaftsform dauerhaft in der neuen Umgebung zu etablieren. Die Gegend um Elrodstor hatte zwar einst zum Valianischen Imperium gehört, war aber schon 100 Jahre vorher von den Vesternesse-Barbaren, den Vorfahren der Twyneddin, überrannt worden, ohne daß sich hier ein starker Staat gebildet hätte. Dieses Machtvakuum kam den Toquiner zustatten, und zudem war die Urbevölkerung ihnen an Waffentechnik und Organisation weit unterlegen. Ohne auf ernsthafte Gegenwehr zu stoßen, konnten die Eroberer sich ihr eigenes Reich herausschneiden. Die Ureinwohner lebten bereits in clanähnlichen Sippen und ließen sich so leicht in das anfangs nach toquinischem Muster geformten Land Alba eingliedern. Dabei spielte Diplomatie und geschickte Bündnispolitik eine größere Rolle als reine Waffengewalt - schließlich waren die Neuankömmlinge den vesternessischen Barbaren zahlenmäßig weit unterlegen. Sie hatten aber nach dem Ende des Reiches der Seemeister eine Perspektive zu bieten, die Fortschritt, Sicherheit und Wohlstand versprach. Aus einflußreichen Sippen der Urbevölkerung entstanden die zahlreichen kleinen Clans Albas, aber auch die fünf Großen Clans ,,adoptierten`` in gewissen Ausmaß Teile der Urbevölkerung.
Die Bevölkerung Albas stammten also zum großen Teil von denselben Leuten ab wie die heutigen Twyneddin. Dazu kommt waelisches Blut in der Gegend um Haelgarde, wo einst die waelische Kolonie Askaland von den Valianern erobert worden war. Im Süden Albas ist außerdem ein chryseischer Einschlag unverkennbar. Die Toquiner, die die Gesellschaftsform Albas entscheidend geprägt haben, sind dagegen in der Masse ihrer Untertanen aufgegangen. Der Hochadel hat natürlich noch einen größeren Anteil am Blut der alten Eroberer, aber das fällt vom äußeren Erscheinungsbild her nicht auf.
Anfangs war Altoqua, die Sprache von Toquine, noch die Sprache des Adels. Im Laufe der Zeit wurde es aber durch die Sprache des Volkes ersetzt, in die allerdings zahlreiche Lehnwörter aus dem Altoqua eingingen. Das Albische ist daher eher mit dem Twyneddischen verwandt als mit der toquinischen Sprache. Heute ist Altoqua eine tote Sprache, die nur noch der Klerus zu rituellen Zwecken benutzt (und die manche Gelehrte und Zauberer beherrschen, die alte Dokumente lesen wollen).
Weite Teile Albas waren in der Anfangszeit Wildnis. Um das große Land zu kontrollieren, entwickelte sich zwangsweise aus Stützpunkten und Burgen mit weiten Kommunikationswegen heraus ein Feudalsystem, das sich der alten Clanstruktur überlagerte. Als die Albai etwa 250 Jahre nach ihrer Landung aus dem Schatten der Bäume von Broceliand heraustraten -- sprich: sich über die Linie Tidford -- Crossing nach Nordwesten auszubreiten begannen -- lenkten sie die Aufmerksamkeit des Hochkönigs zu Darncaer auf sich, der mittlerweile die Herrschaft über die fünf Stämme der Twyneddin erlangt hatte. Unter dem Vorwand, die Albai seien auch nichts als Twyneddin (womit er von der Abstammung her ja auch beinahe recht hatte), verlangte er Unterwerfung unter seine Oberhoheit, woran die albischen Feudalherren natürlich nicht dachten. Es folgte eine Kette von Kämpfen, die sich mit wechselhaftem Erfolg und langen Friedenspausen über Jahrhunderte hinwegzogen. Trotz einiger Rückschläge waren die Albai letztendlich erfolgreich und konnten ihre Grenzen auf den heutigen Stand vorrücken. Als bisher letztes Gebiet fielen die Nordmarken vor rund 100 Jahren an Alba.
,,Ursprünglich waren die albischen Fürstentümer nur locker miteinander verbunden. Der äußere Druck der Twyneddin und die besondere Förderung der Vraidos-Anhänger zwang die Fürsten aber um 1900 nL unter eine einheitliche Krone, und um die gleiche Zeit wurde Beornanburgh, vormals eine unbedeutende Festung der MacBeorns, zum Königssitz bestimmt und ausgebaut. Der König ist bis heute aber kein absolutistischer Monarch, sondern seine Stellung ist durch Gesetze und starke Feudalherren eingeengt. Der König von Alba hat aber eine starke mystische Position und einen hohen Rang sowohl in der Priesterschaft des Xan wie auch in der Bruderschaft des Träumers inne - zumindest wenn er erwachsen ist. Kraft seiner Ämter hat er ureigene magische Fähigkeiten, die er aber nur ausüben kann, wenn er gewisse Bedingungen bei der Ausübung seines Amtes erfüllt, vorallem wenn er ein ,,gerechter`` König ist. Daß dem so ist, dafür sorgt eine Reihe von Geasa, deren genauer Inhalt nur wenigen bekannt ist. Durch die enge Bindung des Königs an den Glauben von Alba können nur Mitglieder des Hochadels, d.h. hochrangige Angehörige der fünf großen Clans, auf den Thron gelangen. Der erste König von Alba war Berandir MacBeorn; zwischenzeitlich gab es Könige aus anderen Clans - insbesondere auch zeitweise Rathgar Könige, und der Streit um die Krone verwickelte Alba auch in leidenschaftlich geführte Fehden und sogar Bürgerkriege. Seit etwa 200 Jahren sitzen aber die MacBeorns fest auf dem Thron.
Beornanburgh ist als Königsstadt unabhängig von allen Clans und Fürsten
und nur dem König unterstellt. Regiert wird sie von einem Stadtrat, dessen
Spitze an Macht den mächtigsten Fürsten nicht nachsteht. Alle großen Clans
und Fürstentümer haben in Beornanburgh ihre Vertrauensleute sitzen, und
Stadt und Königshof sind dementsprechend eine wahre Brutstätte für
Intrigen aller Art. Der Schwarze Angus MacBeorn, der als Reichsverweser für
den noch minderjährigen König Beren (geboren 2393 nL) das Heft in der
Hand hält, ist ein Meister in diesem politischen Spiel.
Quelle: [25]